wir möchten auf folgenden Aufruf der Gruppe T.A.S.K. hinweisen:
„Montag, 1. Dezember 2014: Den Aufmarsch unter dem Motto “Kassel Gegen Islamisierung Des Abendlandes” verhindern! Gegenaktivitäten geplant!
Am Montag, den 1. Dezember 2014 soll in Kassel eine Demonstration von “Kassel Gegen Islamisierung Des Abendlandes” (KAGIDA) stattfinden. Diese wird derzeit auf Facebook von einer gleichnamigen Seite beworben und soll um 18:30 Uhr am Scheidemannplatz beginnen und anschließend durch die Kasseler Innenstadt führen. Ob und von wem tatsächlich eine Anmeldung vorliegt, ist bisher nicht bekannt.
Offensichtliches Vorbild sind Initiativen wie HoGeSa (Hooligans gegen Salafisten) und PEGIDA (Patriotische Europäer Gegen die Islamisierung des Abendlandes). Während versucht wird, sich von den Hooligans abzugrenzen, wird sich explizit auf die Zusammenarbeit mit PEGIDA aus Dresden bezogen.
Auffällig ist, dass die Organisatoren sich offensichtlich nicht einmal Mühe geben, das eigene Weltbild zu kaschieren. Waren die Initiatoren von HoGeSa noch darum bemüht, es so aussehen zu lassen, als sei nicht prinzipiell der Islam das Feindbild sondern der vermeintlich “radikale Salafismus”, halluzinieren Inititiativen wie KADIGA gleich eine drohende Islamisierung des “Abendlandes” herbei. Der aufgebrachte Mob, der sich gern auch als “Das Volk” verstanden wissen will, konstruiert mit seinem kulturrassistischen Islamhass eine Bedrohung, die so faktisch nicht existiert und schafft einen gesellschaftlichen Diskurs, der jede progressive Religionskritik unmöglich macht.
Auch an weiteren Feindbildern mangelt es nicht: Bei der HoGeSa-Demonstration in Köln wurden nicht nur Journalist_innen gejagt und zusammengeschlagen. Auch Menschen, die aufgrund ihres Erscheinungsbildes irgendwie verdächtig nicht-weiß-uneuropäisch aussehen, wurden im Bahnhof und anschließend in den Zügen angegriffen. Nachdem durch die massive Polizeipräsenz bei der HoGeSa-Kundgebung in Hannover Szenen wie in Köln verhindert wurden, wird versucht, sich als friedliebende Opfer “linksextremistischer Gewalt” zu inszenieren als habe es die Ausschreitungen in Köln nicht gegeben. Zum Anlass wird eine Auseinandersetzung zwischen Antifaschist_innen und HoGeSa-Teilnehmern in Hannover genommen, die mit dem Krankenhausaufenthalt der Hooligans endete. Seit dies bekannt wurde, sprießen Facebook-Seiten in feinster Redwatch-Manier aus dem virtuellen Boden und outen willkürlich Personen, die irgendwie links sind oder für links gehalten werden.
Bei PEGIDA ist man derweil bemüht, wenigstens seriös zu erscheinen. Zwar machen einige der OrganisatorInnen auf ihren privaten Facebook-Seiten keinen Hehl aus ihrem Hass auf Muslime und beziehen sich beispielsweise positiv auf Anders Breivik. Die öffentlichen Demonstrationen verliefen bisher jedoch friedlich. Die Ressentiments werden kodiert artikuliert und die Taktik geht auf: Ähnlich wie bereits vor einem Jahr in Schneeberg finden sich neben Hooligans und Nazis auch Bürger_Innen unter den Demonstrierenden. Während diese sich zwar nicht offen rechts oder gar rechtsradikal positionieren, reichen latent rassistische Ressentiments und Ängste doch als ideologische Schnittmenge aus. Zum Versuch einer emanzipatorischen Kritik des Islamismus kommt es selbstverständlich garnicht erst. Stattdessen wird ein Feindbild konstruiert, das zunächst die Form des Salafisten annimmt, aus dem aber auch schnell „der Muslim“, aus dem schnell „der Migrant“ wird. Linke Initiativen, welche zu Gegenprotesten aufrufen, werden währendessen offen als „Volksfeinde“ tituliert. Die reaktionaeren Grundzüge sind damit eindeutig.
Alle ähnlichen Aufmärschen der letzten Wochen entlarvten die obligatorische Abgrenzung von rechts als bloßes Lippenbekenntnis. Mitmachen darf jeder, von konservativem Wutbürger bis organisiertem Neonazi. Für die Organisatoren nur dann ein Problem, wenn es von den verhassten “Systemmedien” thematisiert wird. So oder so ähnlich wird es auch bei KAGIDA kommen. Schon der Aufruf wirkt wie eine wilde Zusammenstellung aller derzeit aktuellen Themen der radikalen Rechten: “Überfremdung”, Unterwanderung des “Abendlandes”, Zerstörung “unserer Kultur”, Sozialleistungen und unsere Gastfreundschaft ausnutzende “Ausländer”. Irgendwie schaffen es die Organisatoren sogar, eine Brücke zum Geschichtsrevisionismus zu schlagen, indem so getan wird, als sei das schlimmste am Nationalsozialismus die Bombardierung Kassels gewesen.
Sowohl die KAGIDA-Veranstaltung als auch die Seite erfreuen sich bei Facebook reger Beliebtheit und bekamen innerhalb kurzer Zeit mehrere Tausend “Gefällt mir!”-Klicks. Dass Aufmerksamkeit im Internet nicht gleichzusetzen ist mit tatsächlicher Relevanz ist selbstverständlich. Trotzdem hat nicht zuletzt die HoGeSa-Demonstration in Köln gezeigt, dass das Mobilisierungspotential nicht unterschätzt werden darf.
Kommt am 1. Dezember 2014 nach Kassel. Gegenaktivitäten sind derzeit in Planung. Haltet also die Augen offen und euch den Montag Abend frei. Informiert euch über bekannte Kanäle oder auf unserem Blog task.noblogs.org über weitere Entwicklungen.
Keinen Meter für Neonazis und andere RassistInnen!
Für eine progressive Religionskritik!“