[erschienen in dezentrale_drucksache #4 – Februar 2019]
Trans*feindliche Ausschlüsse
Schon seit geraumer Zeit beschäftigen wir uns als Gruppe und auch als Einzelpersonen dieser Gruppe mit queerfeministischen Inhalten und Themen. Das Queerfeminismus nicht nur Teil unser Politiken und Identitäten ist, sondern auch Kernpunkt der politischen Arbeit der qrew sein wird, war schon als wir uns zusammengefunden haben klar. Im Gegensatz zu manchen anderen feministischen Strömungen war es uns von Anfang an wichtig alle nicht der Heteronormativität oder Zweigeschlechtlichkeit entsprechenden Personen miteinzubeziehen, mitzudenken, anzusprechen.
Immer noch bestehen viele feministische Politiken, die ausschließlich von und für cis Frauen sind. Wollen wir auch die Notwendigkeit spezifischer Schutzräume für Frauen keinesfalls absprechen, finden wir jedoch eine kritische Perspektive auf die daraus resultierenden Ausschlüsse relevant:
Ausschlüsse aus Räumen, Ausschlüsse politischer Forderungen und Ausschlüsse von Praktiken finden meist gegenüber trans* und nicht-binären Personen statt: Ob durch den Vortrag, der nur für Frauen geöffnet ist, bei dem aber trans*weibliche Personen wieder weggeschickt werden, oder durch das Sprechen von Selbstbestimmung von Frauen in Bezug auf Schwangerschaftsabbrüchen, welches verkennt, dass nicht alle Menschen, die schwanger werden können, Frauen sind.
Gerade Ausschlüsse von trans*weiblichen Personen werden häufig über die Sozialisation argumentiert: Frauen hätten schließlich auch eine weibliche Sozialisation, trans*weibliche Personen jedoch eine männliche. Trans* Frauen seien deswegen eben auch keine echten Frauen.
Die Argumentation hinkt: Sozialisation wird nicht nur durch die Kategorie Geschlecht und damit verbundenen Privilegien oder Diskriminierungserfahrungen geprägt, auch viele weitere Faktoren, wie der Wohnort oder die finanzielle Situation, spielen dabei eine Rolle. Es gibt nicht die einheitliche Sozialisation von cis Frauen. Eine trans*weibliche Sozialisation ist aber nicht nur deswegen nicht mit einer sog. männlichen Sozialisation gleichzusetzen: Auch vor einem Coming-Out sind trans*weibliche Personen keine Männer und erleben dementsprechend auch keine männlichen Privilegien. Diskriminierung, Gewalt, Selbstabwertung und -verleugnung prägen die Kindheit oder Jugend vieler trans*Personen. Was bleibt ist ein Ausschluss, der mit nichts Anderem als Trans*feindlichkeit bezeichnet werden kann, indem trans* Weiblichkeiten ihre Identität abgesprochen und Erfahrungen und Erleben negiert werden.
Queerfeminismus ist uns wichtig, weil wir mit und in unserer politischen Praxis verschiedene Ungleichheits- und Diskriminierungsverhältnisse betrachten und aufbrechen wollen. Feministische Politiken müssen somit auch trans* und nicht-binäre Perspektiven mit einbeziehen. Ein binär gedachter, trans*feindlicher Feminismus, ist nicht unser Feminismus.
Nichtsdestotrotz: Politiken trans*sensibel und trans*inklusiv zu gestalten, gerade wenn diese aus einer cis Perspektive heraus erarbeitet werden, ist häufig gar nicht so einfach. Die eigene Praxis zu reflektieren, dabei eigene Privilegien bewusst zu haben, Kritik anzunehmen und Fehler einzugestehen, ist aber schonmal ein guter Anfang.
Ps. für alle, die sich mehr mit Trans*feindlichkeit in feministischen Politiken auseinandersetzen wollen, können wir euch folgende Bücher empfehlen:
- FaulenzA (2017): Support your sisters not your cisters. Über Diskriminierung von Trans*Weiblichkeiten
- Felicia Ewert (2018): Trans. Frau. Sein. Aspekte geschlechtlicher Marginalisierung